Verlag Dr. Thomas Balistier
 
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Abb. Cover Wegen Kreta

Richard Nöbel

Wegen Kreta

Mähringen 2004
ISBN 978-3-937108-03-2
93 Seiten
10,80 €

48 kurze Gedichte/Texte & 48 Fotografien über die und von der Insel Kreta.

Viersprachig.

Pressestimmen

 

„Rechts immer Fotos eines Gebirgszuges (Mavri auf Kreta), die aussehen als wäre es immer dasselbe Foto, aber sieht man genauer hin - wie man es als Kind in der "Hör zu" gelernt hat - , dann bemerkt man, dass die Wolken von Foto zu Foto anders sind. Die 44 Aufnahmen, auf diese Feststellung legt der Autor wert, wurden am 10. März 2004 gemacht. Links von den Fotos kurze drei oder vier Zeilen lange Texte in vier Sprachen. Also:

"Mittag auf der Insel Kreta
Langsam in einem schmalen Streifen aus Schatten
und beinah leise."

Darunter die Übersetzungen ins Griechische, Englische und Französische. Der Text ändert sich von Übersetzung zu Übersetzung kaum spürbar - wie die Fotos. "beinah leise" heißt "almost still" und "presque silence". Richard Nöbel ist einer der wenigen wirklichen Meister der poetischen minimal music. Wie schafft er es, dass man sofort versteht, dass dieses "beinahe leise" nicht aus dem Lärm, sondern aus der Stille kommt? Woher wissen wir, dass leise hier nicht das Gegenteil von laut ist, sondern das zögerliche Hervortreten aus der Lautlosigkeit?

Wir wissen es nicht. Es gibt nichts, woran wir es zweifelsfrei festmachen können. Aber wir spüren, dass in diesem Text das "leise" das erste Geräusch ist. Jede erste Zeile von Nöbels Texten endet mit "auf der Insel Kreta". Wer einen Kurs "Schneller lesen" besucht hat, wird mit dem Buch in zwei Minuten fertig sein, aber es gibt Bücher, die sind nicht zum Lesen gedacht. Wer sie liest, um anschließend sagen zu können, was der Autor gesagt hat, wird sie nie verstehen. Die Texte teilen zwar etwas mit, aber es geht ihnen nicht darum, sondern sie fordern auf, eine Haltung einzunehmen. Es sind Meditationstexte.

Sie wollen gesprochen sein. Immer wieder. Dann beginnen sie den Nachahmungstrieb zu wecken und diese scheinbar bewegungslosen, am Schweigen entlang sich formulierenden Wörter bekommen etwas Animierendes, Aktivierendes. Die ältesten Texte der Menschheit sind bekanntlich Kalkulationen und Warenlisten, aber gleich danach kommen Texte wie die von Richard Nöbel. Sie erzeugen Bedeutung. Keine bestimmte. Das macht ihren Zauber aus. Es ist der Zauber einer lange verpönten Magie. Aber, wenn wir auch nicht mehr an ihre Wirkung glauben, so erfahren wir sie doch als eine eigentümliche Schönheit. Vielleicht ging es früheren Zeiten nicht anders und alle Magie war, bevor sie in die Hände der Wissenschaftler geriet, die den Sätzen eine genaue, jeweils spezifische Bedeutung zumaßen, nichts als die uns immer noch berührende Macht der Schönheit des Bildes, des Klanges. Ohne Rätsel gibt es die nicht.

"Zuversicht auf der Insel Kreta
Dennoch begann im Fenster das Blau. Ja."


Arno Widmann, perlentaucher.de vom 15. September 2004

 

„Es ist so blau eingebunden. Ganz blau. Und es ist ein Buch über die Schönheit. Über das ruhige Umherschauen. Über Kreta und das Glück. Ist es ein Gedicht-Buch? Nein und ja. Oder: ein bißchen. Es ist ein Buch von schönen Sätzen. Vom schönen Reisen. Wie kann es gelingen, das Glück des Reisens zu beschreiben? Das Glück an einem Ort der Welt, der für dich der schönste ist? Richard Nöbel hat es versucht. Er sitzt auf Kreta, so stelle ich ihn mir vor, und schaut und denkt an Blau, und er versucht, sonst nichts zu denken. Und nur die Sonne und die Berge auf Kreta. Das Meer kommt gar nicht vor. Auf jeder Buchseite stehen nur so drei, vier kurze schöne Sätze. Auf deutsch und griechisch und englisch und französisch. Gedanken. Wie mache ich das? Gedachtes in eine Form gießen. In eine Buchstabenform, die druckbar wäre. Und die nichts Angestrengtes hat. 'Ach, wenn es doch nur mit dem bloßen Schauen schon getan wäre', hat der kleine große Dichter Robert Walser einmal gesagt. Wenn man doch nur schauen müßte und das Glück dabei empfinden und nicht die Arbeit danach, das Schreiben danach. Wo all das Schöne wieder verloren geht. Weil man sich hinsetzt und denkt und formuliert. Die Übersetzungsarbeit, die ist das Anstrengende. Die ist das Verfälschende. Hier ist also ganz Kreta im Buch: 'Sitzen auf der Insel Kreta. Sitzen und eigentlich Dasitzen. Eigentlich dieses Mäuerchen', heißt es auf einer Seite. Und auf den rechten Seiten sieht man immer einen Berg. Genauer gesagt die Mavri auf der Insel Kreta am 10. März 2004. Mal mit einer kleinen Wolke. Mal ohne. Mal mit einer großen. Es sind Bilder eines Tages, die nichts mehr sein wollen als nur Bilder. Von Kreta. Und die Worte sind nur Worte. 'Die Worte auf der Insel Kreta etwa. Rauch etwa. Blaue Worte, die die Stille zeichnen.'“

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 27. Juni 2004